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Volume 5, 2021/6, May 10, 30 pages  ♦  pdf-Format

Sabine Riedel

ANALYTISCHE PERSPEKTIVEN IN DER CORONA-KRISE

„Verschwörungstheorien“, Maoismus, Strukturanalyse, Moderne Geldtheorie, Bio-Macht und (Trans-)Humanismus

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INHALT:

  • Die „Verschwörungstheorie“ ist eine Fremdzuschreibung zwecks Manipulation
  • Chinas Covid-19-Politik im Kontext von Maoismus und Kulturrevolution
  • Die Moderne Geldtheorie (MMT) rät zum Gelddrucken in der Corona-Krise
  • Die Strukturanalyse erkennt Parallelstrukturen des autoritären Doppelstaats
  • Unkontrollierte Bio-Macht (Foucault) bedroht den Menschen als Lebewesen
  • Der Transhumanismus – eine Machtergreifung auf die Seele des Menschen
  • Fazit: Die Corona-Krise bedarf einer  mehrdimensionalen Gesellschaftstheorie

Gesamtverzeichnis FPK/CPI

Dieser Artikel ist kostenpflichtig

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Die 30 Seiten enthalten:
Analyse, Zusammenfassung,
14 Abbildungen und Quellentexte,
199 Quellen (verlinkt)

EINLEITUNG

In der Corona-Krise sind die Stimmen von Sozialwissenschaftlern oder Politologen kaum zu hören. Viele beschäftigen sich mit Defiziten und Konflikten anderer Länder, doch am Erhalt der eigenen demokratischen Kultur scheint es wenig Interesse zu geben. Dabei ist es erklärungsbedürftig, warum Grundrechte eingeschränkt werden müssen, um die Gefahren einer Pandemie zu meistern. Warum geht Europa mit Lockdowns und faktischen Zwangsimpfungen den chinesischen Weg, statt dem Fachwissen, der Kreativität und der Selbststeuerung offener Gesellschaften zu vertrauen? Dieser Beitrag zeigt, warum dieser nur in einer Sackgasse enden kann, in einer Massenüberwachung und Medikamentenabhängigkeit, die Menschen auf das intellektuelle Niveau von Maschinen reduziert.

Diese Studie versteht sich als Plädoyer für eine Wiederbelebung humanistischer Werte und basiert auf einer metatheoretischen Analyse der Corona-Politik mit fünf Ansätzen. Vorab wird das Schlagwort Verschwörungstheorie aufgegriffen, das es in keiner Forschungsdisziplin gibt, sondern der Steuerung öffentlicher Diskurse dient. Damit kann jeder Politologe, der offene und verborgene Akteursinteressen untersucht, denunziert werden. In freien Gesellschaften widersprechen solche Verleumdungen dem Pressekodex, in autoritären Regimen wie China sind sie ein Instrument zur Ächtung von Regierungskritikern. Pekings aktuelle Corona-Politik ist nicht nur im Maoismus verwurzelt, sie greift auch rhetorisch auf die Kulturrevolution zurück, der Millionen Menschen zum Opfer fielen.

Derzeit ist die Moderne Geldtheorie (MMT) in aller Munde, weil sie der Politik in der Corona-Krise das Plazet zum Gelddrucken gibt. In Kombination mit der Strukturanalyse werden die Risiken sichtbar: In der Europäischen Union (EU) hat sich eine zweite „Maßnahmenebene“ etabliert, die außerhalb der EU-Verträge und nationalem Recht die Finanzen steuert. Dieser Kontrollverlust tangiert auch die Gesundheitspolitik. Der Ansatz der Bio-Macht lässt erkennen, dass deren Entgrenzung zu einer „Machtergreifung auf den Menschen als Lebewesen“ führt. Der Transhumanismus beschönigt dies mit dem Versprechen auf einen evolutionären Sprung nach vorn. Humanisten setzen dagegen auf eine Zukunft, in der die Menschen ihr selbstbestimmtes, kreatives Wesen bewahren und entfalten können.

„Da die Anerkennung der angeborenen Würde und der gleichen und unveräußerlichen Rechte aller Mitglieder der Gemeinschaft der Menschen die Grundlage von Freiheit, Gerechtigkeit und Frieden in der Welt bildet, da die Nichtanerkennung und Verachtung der Menschenrechte zu Akten der Barbarei geführt haben, […], verkündet die Generalversammlung die Allgemeine Erklärung der Menschenrechte.“

(UN, 10.12.1948)

Wenn sich der Mensch von der Maschine durch seine Fähigkeit zum mehrdimensionalen Denken unterscheidet, so müssten erst recht Analysen der Humanwissenschaften stets auch eine mehrdimensionale Perspektive einnehmen. Dies ist bislang selten der Fall. Es dominiert noch immer der Kampf um die Rolle der „herrschenden Lehrmeinung“, die von einer Mehrheit der jeweiligen Disziplin akzeptiert, angewendet und gelehrt wird (juwiss.de, 17.10.2013). Der vorliegende Beitrag zeigt dagegen, wie fruchtbar im Sinne einer Erkenntniserweiterung ein Perspektivwechsel sein kann, vor allem wenn er eng gesteckte Fachgrenzen überwindet. 

Im vorliegenden Fall wurde ein metatheoretischer Zugang zur Analyse der Corona-Politik und deren Maßnahmen gewählt. Für die betreffenden Theorien sprechen unterschiedliche Kriterien, so etwa die Aktualität und Relevanz eines Ansatzes (z.B. die MMT und der Transhumanismus), die Wiederbelebung und Übertragung einer älteren Theorie auf die aktuelle Entwicklung (z.B. Strukturanalyse des NS-Regimes und Bio-Macht) sowie Begriffe und Theorien, die eine Wissenschaftlichkeit vortäuschen und der Manipulation dienen (z.B. ‚Verschwörungstheorie‘ und Maoismus bzw. dessen Kulturrevolution). 

Selbstverständlich könnte man weit mehr Ansätze berücksichtigen. Doch sei dies anderen Forschern überlassen. Dieser Beitrag versteht sich als ein erster Anstoß, damit die Sozialwissenschaftler ihre Sprachlosigkeit in der aktuellen Corona-Krise überwinden. Nach einem Jahr ist es Zeit, wissenschaftlichen Diskurse aufzunehmen, wie die demokratisch verfassten Gesellschaften ihre verlorenen humanistischen Werte zurückgewinnen können. [S. 24]